Paderborn
Die eigene Firma in die nächste Generation zu führen, gilt zunehmend als Herausforderung. Dr. Otto Drosihn ist das mit dem von ihm aufgebauten Unternehmen mediaprint gelungen. Seine Tochter Lisa-Marie Drosihn ist in seine Fußstapfen getreten.
Von Ingo Schmitz
Mit seinen jetzt 77 Jahren hat sich der bekannte und in Paderborn engagierte Unternehmer, der ursprünglich von Bertelsmann kam, aus dem operativen Geschäft verabschiedet. „Ich habe hier kein Büro mehr“, erklärt er im Beisein seiner Tochter sowie der beiden Geschäftsführer Tobias Kaase und Ulf Stornebel mit einem stolzen Lächeln, das vor allem seinem jüngsten Enkel Paul (4 Monate) gewidmet ist.
Lange sei nicht klar gewesen, ob es tatsächlich gelingt, dass das Unternehmen in Familienhand bleibt – trotz seiner fünf Kinder und inzwischen 14 Enkel,
verrät Dr. Otto Drosihn. Auch für Drosihns Tochter Lisa-Marie (31) war eine Karriere im väterlichen Betrieb nicht vorgezeichnet.
Nach dem Abitur ging sie zunächst ihrem Kindheitstraum nach und studierte Tiermedizin. Doch im Studium stellte sie schnell fest, dass sie eine solche Tätigkeit nicht auf Dauer begeistern würde. Trotzdem legte sie ihr Examen ab und schaffte fast gleichzeitig die Basis für ihre heutige Tätigkeit. Nach dem Abschluss des BWL-Studiums stieg Lisa-Marie Drosihn bei mediaprint ein und arbeitete sich langsam hoch. „Hier habe ich die Möglichkeit, etwas zu gestalten und die Digitalisierung voranzutreiben. Das E-Commerce-Geschäft und die Entwicklung neuer Prozesse liegen mir“, sagt die zweifache Mutter.
Neue Onlineshops entwickelt
Inzwischen hat sie neue Onlineshops rund ums Druckwesen entwickelt, zur Marktreife geführt und erfolgreich eröffnet. Das sei „ein tolles Gefühl“, ist Lisa-Marie Drosihn stolz. Sie hält jetzt 75 Prozent der Geschäftsanteile der mediaprint-Gruppe, die anderen 25 Prozent liegen beim Vater. Weitere Familienangehörige sind nicht im Unternehmen tätig oder beteiligt. Mit Absicht, betont Dr. Otto Drosihn. Er habe verhindern wollen, dass innerfamiliäre Konflikte, die nie ausgeschlossen werden könnten, die Firma gefährden. Dieser Devise ist Drosihn bis heute treu geblieben.
mediaprint gilt in der Branche als Vollsortimenter im Druckwesen. Hier kann alles auf Papier gebracht werden, was von Unternehmen, Behörden oder auch Privatleuten benötigt wird: Broschüren für Kommunen sind ebenso dabei, wie Schulbücher oder Bedienungsanleitungen für Elektrogeräte und Landkarten.
Neben großen Stückzahlen, die allerdings in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen sind, gibt es zunehmend sehr individuelle Druckaufträge für Endverbraucher. Dazu gehören zum Beispiel individuelle Fotobücher, Kalender oder auch Glückwunsch- und Einladungskarten, die zum Teil nur als einzelnes Exemplar hergestellt werden. Gerade der Markt der Kleinaufträge wachse, was ebenfalls herausfordernd sei. Das habe Auswirkungen auf die Abrechnung mit Endverbrauchern, aber auch auf die komplette Logistik und Versand.
Viele Firmen unter einem Dach
Unter dem Dach von mediaprint in Paderborn verbergen sich mittlerweile mehrere Firmen und Onlineportale wie unter anderem „Total Lokal“ (Infoverlag für Städte, Kreise und Gemeinden), „Online-Druck.biz“ (personalisierte Druckprodukte), „Europadruckerei“ (Digitaldruck von Broschüren, Katalogen und Hardcover) sowie „Verwaltungs-Verlag“ (werbefinanzierte Falt- und Aushangkarten).
Die Druckhäuser stehen deutschlandweit unter einem enormen Druck, immer mehr schließen, berichtet Drosihn. Dass mediaprint die aktuellen und künftigen Herausforderungen bewältigen werde, davon ist die Chefetage fest überzeugt. Dr. Otto Drosihn: „Verlage haben von der Coronazeit sogar profitiert.“ Diese Rücklagen gelte es nun klug zu investieren.
mediaprint habe sich vor diesem Hintergrund vom allgemeinen Negativtrend abkoppeln können. Rund um die Digitalisierung hat das Paderborner Unternehmen in den vergangenen vier Jahren nach eigenen Angaben 8 Millionen Euro in die Transformation gesteckt. Gleichzeitig musste ein erheblicher Preisanstieg kompensiert werden: Die Kosten für Personal, Druckplatten und Energie stiegen nach Angaben von Geschäftsführer Tobias Kaase um 11,4 Prozent. Diese Entwicklung soll nun durch den vermehrten Einsatz von automatisierten Prozessen und Künstlicher Intelligenz aufgehalten werden.
Hier sieht Lisa-Marie Drosihn ihre Stärke, die sich durch den Aufbau neuer Portale neue Geschäftsfelder eröffnen will, wie zum Beispiel mit „Glücksdruckerei“, einer Plattform zur personalisierten Gestaltung von Büchern, Puzzles oder auch Taufalben.
Renaissance der Prospekte
Auch wenn die Zahl gedruckter Exemplare in allen Bereichen rückläufig sei, glaubt mediaprint fest an eine Zukunft. Das zeigten auch die Erfahrungen mancher Discounter, die sich vor einiger Zeit von Print-Prospekten verabschiedet hätten, um nun festzustellen, dass die Umsatzzahlen im Einzelhandel parallel gesunken seien. Mancher Discounter wolle daher zurück zum Papier-Prospekt, sagt Geschäftsführer Ulf Stornebel.
Dass mediaprint gute Geschäfte macht, belegen die Unternehmenszahlen. Für 2024 wird ein Umsatzplus um 5 Millionen Euro auf insgesamt 50 Millionen Euro erwartet – größtenteils gehen diese Zuwächse aber auf Preisanstiege zurück.
Otto Drosihn wurde in Niedersachsen geboren und absolvierte 1963 eine Lehre als Buchdrucker. 1973 schloss er sein Studium als Wirtschaftsingenieur ab. Er ging dann nach Bottrop und wurde Assistent der Geschäftsführung einer Druckerei. Parallel studierte er Wirtschaftswissenschaften. 1981 folgte der Doktortitel. Nach einem Zwischenspiel bei Thyssen Henschel in Kassel (Fahrzeugbau) wechselte er 1980 zum Bertelsmann-Verlag.
1982 wurde er Alleingeschäftsführer der Firma Jöllenbeck & Kasten in Herne – einer Bertelsmanntochter, die er sanierte. Nachdem sich die Junfermann Druckerei, die Druckerei Ferdinand Schöningh und die Westfalen-Druckerei zum Paderborner Druck Centrum (PDC) zusammengeschlossen hatten, wurde Drosihn 1989 Geschäftsführer. Später übernahm er das PDC als Gesellschafter und expandierte mit der heutigen mediaprint GmbH. Das Unternehmen hat deutschlandweit insgesamt 230 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 45 Millionen Euro. Dr. Otto Drosihn ist zudem Vorsitzender des Vereins „Paderborn überzeugt“.
Der Original-Artikel ist hier nachzulesen:
Paderborn: Mediaprint klärt die Nachfolge-Frage